Wissen und Information gelten in ökonomischen Theorien als ‚öffentliche Güter‘, weil sie in der Nutzung nicht aufgebraucht werden und nur kostspielig limitiert werden können. Wenn Privateigentum zur Grundstruktur der Wissensverwertung wird, weist es daher Nachteile auf: Zugangsschranken für und Gebühren auf ein tendenziell kostenfrei reproduzierbares Gut sind ineffizient und oft schwer zu legitimieren.
Wissen als Privateigentum? Schwer zu legitimieren.
Probleme & Chancen
Konkret führt dies zu sozialen Konflikten – z. B. um Urheberrechte, um Medikamentenpreise oder die Patentierung von Erträgen öffentlich geförderter Forschung –, deren Bewältigung neue Rechtfertigungs- und Durchsetzungsmuster verlangt. Zugleich provozieren die Probleme exklusiven geistigen Eigentums aber auch eine Erprobung alternativer Schenk- und Teilungsökonomien – prominent bei Internetriesen wie Google und Facebook, in quelloffener Software oder in öffentlich-privaten Innovationspartnerschaften.
Grundannahme über WIÖ
Das Projekt soll dieses Spannungsfeld ausgehend von explorativen Studien theoriebildend analysieren. Unsere Grundannahme besteht darin, dass in der Wissens- und Informationsökonomie (WIÖ) soziale Ordnungen entstehen, die entweder neue Grundlagen für die Akzeptanz geistigen Privateigentums schaffen oder jenseits dieses Eigentums den dominanten Akteuren privilegierte Verfügungs- und Verwertungsmöglichkeiten sichern.
Welche Verfügungs- und Verwertungsmöglichkeiten sind denkbar?
Legitimationsbedürftig bleibt zumeist, dass einige kommerzielle Akteure von geistigen Tätigkeiten profitieren, die u.a. verschiedenste unbezahlte oder öffentlich finanzierte Beteiligte erbringen. Das Verständnis dieser Entwicklungen erfordert neben zunehmend vorliegenden rechtlichen Abwägungen und ökonomischen Modellierungen eine soziologische Analyse der sozialen Einbettung geistiger Güter und Leistungen. Zu klären ist nicht nur, was das Urheber-, Patent- und Markenrecht schützen soll, auf welche Innovationsvorsprünge und ‚Netzwerkeffekte‘ Unternehmen spekulieren können, sondern auch, welche kulturellen Praktiken den Wert kognitiver Güter beeinflussen, welche nicht-rechtlichen Mechanismen Akteure ggf. von ihrer Kontrolle und Verwertung ausschließen und welche Verteilungsprinzipien diese Verwertung legitim erscheinen lassen. Als theoretisches Instrumentarium sind hierfür Soziologien der Bewertung, der Schließung und der Rechtfertigung einschlägig.
Unsere zentralen Forschungsfragen lauten: Inwiefern entsteht in der WIÖ Bedarf, das Eigentum an den öffentlichen Gütern Wissen und Information neu zu regeln? Wie werden problematisch gewordene Zugangsschranken gerechtfertigt und durchgesetzt? Welche Arrangements erlauben es auch dort, kognitive Güter zu kontrollieren und zu verwerten, wo kein exklusives Eigentum an ihnen beansprucht wird; wo entstehen m.a.W. funktionale Äquivalente zu geistigem Eigentum? Welche Verteilungs- und Rechtfertigungskonflikte entstehen, wenn wenige Akteure Gewinn aus geistigen Austauschprozessen schlagen, und welche Konfliktlösungen zeichnen sich ggf. ab?
Zu diesen Fragen soll das Teilprojekt mit Hilfe explorativer Studien zu den Ökologien von Internetfirmen und Online-Gemeinschaften (erste Förderphase), zu den öffentlich (mit-)finanzierten und organisierten (Status-)Ökonomien akademischer Abschlüsse und Forschungsleistungen (zweite Förderphase) sowie schließlich zur Varietät pfadabhängiger, politisch regulierter Innovationsregimes (dritte Förderphase) empirisch fundierte theoriebildende Antworten generieren. Die Untersuchungsfelder sind dabei breit gefächert, um den komplexen Zusammenhang von privatwirtschaftlichen, individuellen und staatlichen Leistungen, rechtlichen und sozialen Ausschlüssen, kulturellen Rangordnungen und monetären Gewinnen im Feld geistigen Eigentums umfassend zu erschließen.